Nur 8 Prozent für US-Rüstung – Deutschland erteilt Trump eine Abfuhr

Deutschland startet eine der größten Modernisierungen seiner Streitkräfte seit Jahrzehnten und gibt den größten Teil des Geldes bewusst in europäische Hände. US-Rüstung bleibt außen vor – entgegen angenommener Absprachen zwischen EU und US-Präsident Donald Trump. Um welche Vorhaben es konkret in den Jahren 2025/26 geht, lesen Sie im folgenden Beitrag.

Das Startgerät PAC2 vom Flugabwehrraketensystem Patriot. Hierfür werden 2025/26 neue Raketen beschafft – sonst sieht es mit US-Rüstung eher dürftig aus.
Das Startgerät PAC2 vom Flugabwehrraketensystem Patriot. Hierfür werden 2025/26 neue Raketen beschafft – sonst sieht es mit US-Rüstung eher dürftig aus.
Foto: Bundeswehr / Tom Twardy

Deutschland durchläuft derzeit eine umfassende Modernisierung seiner Streitkräfte. Ein kürzlich geleakter Beschaffungsplan für den Zeitraum September 2025 bis Dezember 2026 soll laut POLITICO 154 einzelne Beschaffungsvorhaben über 25 Millionen Euro (die sogenannten 25-Mio-Vorlagen) auflisten. Berlin plant mit dieser Liste fast 83 Milliarden Euro für neue Waffensysteme, Fahrzeuge und Ausrüstung.

Für die US-Tageszeitung besonders auffällig: Deutschland setzt fast ausschließlich auf europäische Hersteller. Nur etwa acht Prozent der Mittel sollen an US-Firmen fließen. Zum Vergleich: Das Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI gibt einen durchschnittlichen Kauf von US-Rüstung aller europäischen Länder im Zeitraum 2020 bis 2024 von rund 64 Prozent an.

Das dürfte Trump nicht gefallen – Kaum Aufträge für US-Rüstung

Große Aufträge für US-Rüstung sind auf der Liste nur in Einzelfällen zu finden. Laut POLITICO lediglich Torpedos für Boeings P-8A-Flugzeuge und (der Löwenanteil) 5,1 Milliarden Euro für Raytheons MIM-104 Patriot-Luftabwehrraketen. Insgesamt summieren sich die US-Aufträge auf rund 6,8 Milliarden Euro – der Rest der 83 Milliarden Euro geht an europäische Unternehmen.

Damit setzt Deutschland ein deutliches Signal in der europäischen und internationalen Rüstungslandschaft. Während Präsident Trump von europäischen Staaten immer wieder den Kauf amerikanischer Waffen nahelegen wollten, entscheidet sich Berlin offenbar bewusst gegen US-Rüstung. Das ist aus deutscher Perspektive sinnvoll, da so einerseits die europäische Industrie gestärkt und andererseits Abhängigkeiten von einem mehr und mehr autokratischen Regime in Washington vermieden werden.

Letzteres dürfte die Nachricht in POLITICO jedoch mit mehr als einem Murren gelesen haben. Im Zuge des erst vor wenigen Wochen beigelegten Streits zwischen Trump und der EU über Einfuhrzölle hatte der US-Präsident behauptet, die EU würde „Militärausrüstung im Wert von Hunderten von Milliarden Dollar“ in den USA bestellen.

Nur ist die EU dafür schlicht nicht zuständig, sondern deren Mitgliedsstaaten. Diese – so zeigt sich am Beispiel Deutschlands – wollen den Wünschen Trumps nach einem Kauf von US-Rüstung offenbar nicht nachkommen. Sie kaufen transatlantisch nur das Nötigste.

Deutsche Beschaffungsvorhaben: Schwerpunkt Marine und Luftwaffe

Zurück zu den deutschen Beschaffungsvorhaben: Die teuerste Einzelinvestition betrifft mit großem Abstand die Marine: die F-127-Fregatten von TKMS mit geschätzten Kosten von rund 26 Milliarden Euro. Die neuen Kriegsschiffe sollen vor allem die Luft- und Raketenabwehr über große Reichweiten sicherstellen und sind damit ein Kernprojekt für die maritime Verteidigungsstrategie Deutschlands. Laut POLITICO plant die Bundeswehr, dieses Vorhaben im Juni 2026 durchs Parlament zu bringen.

Auch die Luftwaffe soll stark von den Rüstungskäufen in Europa profitieren: Der Beschaffungsplan sieht rund 4 Milliarden Euro für die Eurofighter Tranche 5 vor, gebaut von Airbus, BAE Systems und Leonardo. Zusätzlich sollen 1,9 Milliarden Euro in Radar-Upgrades fließen. Damit will Deutschland seine bestehende europäische Flugzeugflotte stärken, um Engpässe bei der Entwicklung des neuen, gemeinsam mit Frankreich und Spanien geplanten Future Combat Air System (FCAS) zu überbrücken – falls dieses überhaupt kommt.

Diese Beschaffungen stehen noch an

Die Modernisierung des deutschen Heeres umfasst ebenfalls erhebliche Investitionen. Deutschland will hier insbesondere die Mittleren Kräfte aufbauen, die mit radbasierten Systemen schnell eigenständig verlegefähig sein sollen. Hier ist die Plattform Boxer maßgeblich, gefertigt von Rheinmetall und KNDS. Weitere 3,8 Milliarden Euro sollen für den neuen Radpanzer Schakal fließen.

Politisch bedeutsam ist auch die Modernisierung der Taurus-Marschflugkörper für rund 2,3 Milliarden Euro. Die Bundesregierung steht hier unter internationalem Druck, insbesondere von der Ukraine, die auf deutsche Lieferungen hofft. Bisher hat Berlin die Auslieferung des Systems jedoch abgelehnt, obwohl Bundeskanzler Friedrich Merz vor seinem Amtsantritt diese ständig gefordert hatte.

Zudem spielt die Luftverteidigung eine zentrale Rolle. Neben den bereits erwähnten Raketen für die Patriot-Systeme als Auftrag für die US-Rüstung sollen laut POLITICO rund 300 Millionen Euro in die deutschen IRIS-T SLM-Einheiten, 755 Millionen Euro in schiffsgestützte Raketen und weitere 490 Millionen Euro in neue Kurzstrecken-Luftabwehrraketen fließen.

Neben den Großprojekten werden zahlreiche kleinere, aber wichtige Aufträge vergeben: Lkws, elektronische Systeme, Kommunikationstechnik, Munition und Drohnen diverser Art. Zusammengenommen entsteht ein umfassendes Modernisierungsprogramm, das alle deutschen Teilstreitkräfte betrifft – vom Heer über die Luftwaffe bis zur Marine.

2025/26 – Es bleiben Lücken

Beim Blick auf POLITICOS Auflistung fällt allerdings auch auf, was fehlt. Orientiert man sich an der Ukraine und den dortigen Herausforderungen, so wird das Thema Drohnen nahezu stiefmütterlich behandelt. Berlin konzentriert sich auf große Plattformen wie den German Heron TP (3 Stück sollen gekauft werden) und die Eurodrohne. Kleinere Aufklärungs- oder Kamikazedrohnen tauchen – zumindest unter den 25-Mio-Vorlagen – nicht auf.

Auch beim deutschen Großgerät sind Lücken erkennbar. So tauchen weder die Beschaffung zusätzlicher Leopard-2-Kampfpanzer noch neue PUMA-Schützenpanzer auf. Auch im Bereich der Artillerie bleiben die Ambitionen überschaubar: Neben einigen Panzermörsern und dem Einstieg in die Entwicklung einer Radhaubitze sind für das kommende Jahr keine weiteren Großprojekte vorgesehen. Zusätzliche Raketenartillerie oder weitere Panzerhaubitzen 2000 sucht man vergebens.

Deutschland als Investor in europäische Rüstung

Der deutsche Rüstungsplan sendet ein klares Signal: Berlin setzt auf europäische Wertschöpfung und strategische Unabhängigkeit – zulasten der US-Rüstung. Mit Investitionen in Höhe von fast 83 Milliarden Euro allein für das kommende Jahr wird Deutschland zu einem der führenden Investoren in die europäische Rüstungsindustrie – und zwar nach eigenen nationalen Prioritäten.

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