Spannende Strategiedebatte zweier Generationen – auf der Handelsblatt Konferenz in Düsseldorf lieferten sich Dr. Thomas Kauffmann, Deutschland-Chef von GDELS, und Marc A. Wietfeld, CEO von ARX Robotics, mehrfache Rededuelle auf dem Podium. Im Kern ging es um die Frage, wie unsere Streitkräfte künftig ausgestattet sein sollten, um auf dem Gefechtsfeld zu bestehen. Geht es nur mit Panzern oder doch eher autonom?
„Wenn wir anders kämpfen, dann brauchen wir eine andere Streitkraft und müssen andere Dinge für diese Streitkraft beschaffen“, stellte Wietfeld auf dem Podium der Handelsblatt Konferenz „Wirtschaftsfaktor Rüstung“ fest. Eigentlich sollte die Skalierbarkeit in der Rüstungsindustrie diskutiert werden, doch es ging immer wieder um Grundsätzliches.
Zwei Positionen prallten dabei aufeinander: Marc A. Wietfeld, CEO und Gründer von ARX Robotics, plädierte für einen radikalen Wandel hin zu autonomen, softwaredefinierten Systemen. „Ich denke schon, dass wir gerade aus der Ukraine viel lernen können und dass es nicht um eine Evolution, sondern eine Revolution der Kriegsführung geht“, erklärte Wietfeld, dessen Produkte bereits in der Ukraine im Einsatz sind.
Thomas Kauffmann, Deutschland-Chef von General Dynamics European Land Systems (GDELS), sprach sich hingegen für einen ausgewogenen Mix aus klassischen Panzern und unbemannten Fahrzeugen aus. „Man kann sehr viele Punkte übernehmen, da gebe ich Ihnen recht“, gestand Kauffmann mit Blick auf den ukrainischen Waffenmix, „aber letztlich glaube ich nicht, dass es der richtige Weg ist.
Autonom: Es ist eine Revolution, keine Evolution
Wietfeld betonte, dass sich die Kriegsführung in Europa durch den Einsatz neuer Technologien fundamental verändere. „Wäre es eine Evolution, dann würde der Leopard 3 eine Lösung sein oder 4 – ist es aber nicht. Es hat sich zu viel verändert.“, so Wietfeld.
Seiner Ansicht nach werden große, bemannte Stahlkolosse wie Leopard oder Piranha in Zukunft an Bedeutung verlieren, weil Fähigkeiten zunehmend durch Software bereitgestellt werden. Masse, Kosten und Flexibilität seien entscheidender als Panzerung und Feuerkraft.
„Es ist nicht die Freude am Fahren, warum wir Boxer und Leopards brauchen; die Freude am Fliegen, warum wir ein Kampfflugzeug brauchen, sondern es geht um Fähigkeiten“, führte Wietfeld aus. „Die Bundeswehr muss sich überlegen: Wie kann ich diese Fähigkeiten zu den geringsten Kosten in der größten Masse beschaffen. Und das ist meiner Meinung nach nicht immer Stahl und Kanone, sondern das ist ganz oft auch Software, unbemannt in der Masse.“
Fairerweise liegt hier auch die Kompetenz von ARX Robotics, die mit dem Gereon zwar eine eigene Plattform anbieten, grundsätzlich jedoch Hersteller einer Software sind, die in erster Linie bestehende Plattformen autonomisieren soll.
Die Drohne nimmt keinen Raum ein
Kauffmann widersprach dennoch. Für ihn bleibt der Panzer auch künftig unverzichtbar. „Sie werden mit keiner Drohne einen Raum nehmen können; sie werden ihn nicht verteidigen können“, argumentierte er. Kauffmann sieht die Zukunft in der Kombination von bewährter Panzertechnik und neuen autonomen Begleitfahrzeugen.
Dabei verwies er auf die eigenen Produktionspläne von GDELS: In Deutschland sollen künftig jährlich mehrere Hundert Piranha- und Eagle-Fahrzeuge in Serie gefertigt werden. Zumindest bei der Branchengröße im Radpanzerbau setzt man weiter auf klassische Plattformen.
Im Krieg braucht man kein TÜV-Siegel
Beide Redner einte dennoch die Erkenntnis, dass Kooperation entscheidend sei. Ein Disput entwickelte sich dann erneut, als es um die Frage ging, wie schnell Lösungen entwickelt und der Truppe zur Verfügung gestellt werden.
„Eine Autonomie, die in München Innenstadt einen Parkplatz findet, ist nicht die Autonomie, die auf dem Gefechtsfeld das Ziel erreicht“, erklärte Wietfeld sein Produkt anhand eines Beispiels. „Die kriegt auch keinen TÜV-Stempel, kein Nummernschild und keine Rundumkennleuchte. Die ist so für den Einsatz gemacht.“
Man müsse also an den Punkt kommen, dass manche Dinge einfach dazu da sind, um Gefechte zu führen und nicht, um in Abnahmeverfahren sämtliche Vorschriften zu erfüllen. Dadurch würden Innovationen auch wesentlich schneller auf dem Kasernenhof ankommen.
„Ich möchte jetzt nicht despektierlich sein“, entgegnete Kauffmann, „aber es ist natürlich eine unterschiedliche Toleranzschwelle, wenn eine Nation um das eigene Überleben kämpft.“ Die Ukraine kämpft um das eigene Überleben. Da sei es dann auch verständlich, „wenn Sie etwas erproben wollen, dann bauen Sie es ein und dann ist das Feedback, das Sie bekommen: Die Crew hat überlebt oder nicht.“ An diesem Punkt sei man in Deutschland allerdings nicht. „Aber dafür müssen wir bereit sein“, konterte Wietfeld.
Der richtige Weg auf dem Gefechtsfeld – Debatte offen
Die Debatte in Düsseldorf verdeutlichte, dass Deutschland und Europa vor einem tiefgreifenden Richtungsentscheid stehen. Während die einen auf bewährte Panzer und eine Ergänzung durch neue Technologien setzen, fordern die anderen eine schnelle Anpassung an softwaregetriebene Kriegsführung.
Die Frage, ob autonome Systeme den Panzer jemals vollständig ablösen werden, wird wahrscheinlich nur die Zeit beantworten können.
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