Handelsblatt Konferenz: Olivgrünes Wirtschaftswunder in Sicht?

Das Thema Sicherheit ist dem Handelsblatt nicht unbekannt. Immer wieder beschäftigt sich eine Handelsblatt Konferenz mit sicherheitspolitischen Fragestellungen. Doch der zu erwartende Boost der heimischen Rüstungsindustrie sorgte auch beim Handelsblatt dafür, tiefer ins Detail zu gehen: Mit der neuen Veranstaltung „Wirtschaftsfaktor Rüstung“ geht das Handelsblatt der Frage nach, ob eben diese Rüstung ein Motor für den Industriestandort Deutschland sein könne.

Heute und morgen beschäftigt sich die Handelsblatt Konferenz in Düsseldorf mit dem Wirtschaftsfaktor Rüstung.
Heute und morgen beschäftigt sich die Handelsblatt Konferenz in Düsseldorf mit dem Wirtschaftsfaktor Rüstung.
Foto: Handelsblatt Konferenz

Spätestens seit der russischen Vollinvasion in die Ukraine sind die meisten europäischen Staaten – und auch Deutschland – der potenziellen Gefahr aus Russland gewahr geworden. Ein Bewusstsein, welches als „Zeitenwende“ in die Geschichte eingehen wird, aber nicht für sich alleinstehen darf.

Unter dem Stichwort „Zeitenwende 2.o“ vollzieht sich derzeit auch ein wirtschaftlicher Wandel, der zu milliardenschweren Investitionen in den Verteidigungssektor führt. Grund genug, diesen Wirtschaftsfaktor auf der Handelsblatt Konferenz zu behandeln.

Neben Investitionen geht es bei der anderthalbtägigen Handelsblatt Konferenz in Düsseldorf daher auch um die Frage, was mit dem Geld angestellt wird, welches seit dieser Legislaturperiode für den Bereich Verteidigung zur Verfügung steht.

„Ich sehe, dass die Industrie natürlich ihre Produktionskapazitäten erhöht“, stellte Dr. Tobias Linder, Senior Associate Fellow for Transatlantic Relations der DGAP, fest. Dem ehemaligen grünen Staatsminister im Auswärtigen Amt kam die Ehre des ersten Interviews der Handelsblatt Konferenz zu. Der Kapazitätsausbau sei richtig, es bedürfe aber „vor allem Planungssicherheit für die nächsten fünf bis zehn Jahre.“

Lindner knüpfte dann gleich auch Bezug zu einer Meldung aus der letzten Woche: „Ein Unternehmen baut nur dann eine Munitionsfabrik, wenn es weiß, dass die Munition auch in 15, 10 Jahren noch Munition bestellt wird.“

Lagerhaltung bei Rheinmetall – Zum Schutz der Lieferketten

Hier dürfte sich Rheinmetall-Chef Armin Papperger angesprochen gefühlt haben, der als Podiumsteilnehmer des ersten Panels die aktuelle Entwicklung diskutierte. Er konnte der Handelsblatt Konferenz konkrete Beispiele liefern, die den enormen Kapazitätsausbau der Rüstungswirtschaft illustrierten. Vor ein paar Jahren produzierte Rheinmetall nur 70.000 Schuss Artilleriemunition pro Jahr – weltweit. Das neue Werk in Unterlüß soll allein auf 350.000 Schuss kommen.

Wurde für das erste Interview zugeschaltet: Dr. Tobias Linder, Senior Associate Fellow for Transatlantic Relations der DGAP.
Wurde für das erste Interview zugeschaltet: Dr. Tobias Linder, Senior Associate Fellow for Transatlantic Relations der DGAP.Ressortleiterin Podcast, Video & Live – Handelsblatt, zugeschaltet Dr. Tobias Lindner Staatsminister im Auswärtigem Amt a.D. – Senior Associate Fellow for Transatlantic Relations der DGAP
Foto: Handelsblatt Konferenz

„Die deutsche Industrie ist leistungsfähig“, stellte Papperger dementsprechend auf der Handelsblatt Konferenz fest und führte die Gedanken des Publikums von den großen Playern der Branche auch zu den Lieferketten.

„Wir binden mittlerweile extrem viele kleine und mittelständische Unternehmen ein. Allein die Lieferkette, die Rheinmetall in Deutschland hat, liegen in einer Größenordnung von 22.000“, so Papperger. Auch das ein Wirtschaftsfaktor, der nicht zu vernachlässigen sei.

Doch diese Lieferkette müsse finanziert werden, da sie nicht über das gleiche Polster verfüge wie die großen Player. „Das ist ein ganz entscheidender Punkt“, so Papperger. „Die großen OEMs, die haben Geld. Aber die Lieferkette, die muss aufgebaut werden. Ohne Kapital geht das nicht. Das heißt, man muss ihnen helfen. Man muss ihnen Aufträge geben.“

Aufträge, bei denen sein Konzern in finanzielle Vorleistung geht. Beispielsweise legt Rheinmetall Lager an, um einerseits Aufträge für Zulieferer zu vergeben und gleichzeitig eigene Versorgungssicherheit zu haben. Papperger führte das Beispiel der Schießbaumwolle an, die Rheinmetall – obwohl es ökonomisch und aus Anlegersicht unvorteilhaft ist – auf fünf Jahre für die weltweite Produktion bevorratet.

Ein anderes Beispiel aus dem Hause Rheinmetall machte deutlich, dass nicht nur die Bundeswehr, sondern auch die Gesellschaft vor Ort vom Boom in der Rüstung profitieren. 7,8 Millionen Euro hat Rheinmetall in den Jahren 2019 bis 2023 an die Stadt Düsseldorf als Gewerbesteuer gezahlt, erklärte ein Moderator der Handelsblatt Konferenz. Damit sorgt der Wirtschaftsfaktor Rüstung dafür, dass viele etwas vom sprichwörtlichen Kuchen abbekommen.

„Kaufen, was die Truppe braucht – nicht, was die Industrie will.“

Das jedoch betrachtete die grüne Bundestagsabgeordnete Sara Nanni, Obfrau im Verteidigungsausschuss, kritisch. Viel Geld ausgeben zu können, dürfe eben nicht dazu führen, dass jeder etwas abbekommt. Eine Verteilung von Aufträgen dürfe daher nicht nach Regionen in Deutschland erfolgen, sondern schlicht danach, wer das beste Produkt zum besten Preis anbietet.

Im ersten Panal diskutierten (v.l.n.r.) Markus Fasse, Chefkorrespondent Unternehmen & Märkte Handelsblatt (Moderation), Sara Nanni, Sicherheitspolitische Sprecherin Bündnis 90/Die Grünen und Obfrau im Verteidigungsausschuss, Christine Rupp, Geschäftsführerin IBM Deutschland GmbH, Armin Papperger Armin Papperger CEO Rheinmetall AG, und Martin Karkour, Chief Sales Officer (CSO) bei Quantum-Systems GmbH.
Im ersten Panal diskutierten (v.l.n.r.) Markus Fasse, Chefkorrespondent Unternehmen & Märkte Handelsblatt (Moderation), Sara Nanni, Sicherheitspolitische Sprecherin Bündnis 90/Die Grünen und Obfrau im Verteidigungsausschuss, Christine Rupp, Geschäftsführerin IBM Deutschland GmbH, Armin Papperger Armin Papperger CEO Rheinmetall AG, und Martin Karkour, Chief Sales Officer (CSO) bei Quantum-Systems GmbH.Chefkorrespondent Unternehmen & Märkte – Handelsblatt, Sara Nanni MdB Sicherheitspolitische Sprecherin Bündnis 90/Die Grünen – Obfrau im Verteidigungsausschuss, Christine Rupp Geschäftsführerin IBM Deutschland GmbH – General Managerin IBM Consulting DACH, Armin Papperger CEO – Rheinmetall AG, Präsident BDSV, Martin Karkour Chief Sales Officer (CSO) – Quantum-Systems GmbH
Foto: Handelsblatt Konferenz

„Jetzt gerade haben wir das Problem“, stellte Nanni in Düsseldorf fest, „dass die aktuelle Regierung die Ausgaben des Bundes eher als Wirtschaftswachstumsfaktor begreift und nicht als eine sicherheitspolitische Herausforderung.“ Auch aus der Opposition heraus wolle sie ein Auge darauf haben, dass es zuerst um den Bedarf der Truppe geht.

Was das ist und wie viel es davon gibt, geht häufig durch die Presse und wird öffentlich – auch mit der Bundeswehr – diskutiert. Das aber solle sich ändern. „Wir haben abgemacht, dass wir nicht mehr über Zahlen sprechen“, erklärte Papperger. Der Rheinmetall-Vorstandsvorsitzende fügte allerdings mit einem Lächeln auf der Handelsblatt Konferenz hinzu: „Aber ich glaube, dass die Zahlen, die bisher genannt wurden, konservativ sind.“

Rahmenverträge werden umgeändert in Festverträge

Oft angesprochen auf der Handelsblatt Konferenz wurde das Thema Geschwindigkeit. Hier zeigte Papperger Verständnis für das deutsche Beschaffungswesen. „Es ist sehr, sehr viel verändert worden; wir sind schneller geworden. Jetzt kann man natürlich sagen: Das ist alles noch viel zu langsam“, überlegte der Rheinmetall-CEO. Man müsse aber auch juristisch saubere Verträge aufsetzen und ein U-Boot sei nun einmal komplexer als eine kleine Aufklärungsdrohne.

Blick über die Veranstaltung.
Blick über die Veranstaltung.
Foto: Handelsblatt Konferenz

Doch nach Pappergers Ansicht sei der Wandel in der deutschen Beschaffung auch noch nicht am Ende. Beispielsweise würden zukünftig die Rahmenverträge abgewandelt in Festverträge. Nach seiner Ansicht ergäbe dies auch Sinn, weil so nicht mehr vertraglich festgehalten würde, was ein Unternehmen eventuell machen könnte, sondern was es machen muss.

Wie lange hält der Wirtschaftsfaktor Rüstung?

„Wenn es in der Ukraine einen Waffenstillstand geben sollte“, überlegte Tobias Lindner, „dann wird ein wesentlicher Teil der Sicherheitsgarantien darin bestehen, dass wir die Ukraine so stark machen müssen; so gut ausrüsten müssen, dass Russland hier nicht nach 2014 und 2022 noch ein drittes Mal in der Ukraine angreifen wird.“

Die Aussicht für die Verteidigungsindustrie auf der Handelsblatt Konferenz bleibt mittelfristig positiv – unabhängig der Entwicklung im Osten Europas.

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