OPLAN DEU – Zivile Akteure zwischen Geheimhaltung & Verantwortung

Mit dem Operationsplan Deutschland (OPLAN DEU) legt die Bundeswehr erstmals einen umfassenden Rahmen für die militärische Landes- und Bündnisverteidigung vor. Doch was bedeutet das für die zivile Seite? Host Nation Support, zusätzliche Belastungen für Einsatzkräfte und Fragen der Finanzierung werfen neue Herausforderungen auf. Klar ist: Ohne enge Zusammenarbeit mit den Kommunen, Feuerwehren und Hilfsorganisationen wird es nicht gehen. Doch bei Feuerwehren, Katastrophenschutz und Kommunen sind noch viel zu viele Fragen offen.

OPLAN DEU: Die Landesverteidigung ist ein gesamtstaatlicher Ansatz und umfasst neben dem militärischen Bereich vor allem auch zivile Organisationen. Foto: Bundeswehr/Anne Weinrich
Die Landesverteidigung ist ein gesamtstaatlicher Ansatz und umfasst neben dem militärischen Bereich vor allem auch zivile Organisationen.
Foto: Bundeswehr / Anne Weinrich

Mit dem Operationsplan Deutschland (OPLAN DEU) hat die Bundeswehr erstmals ein umfassendes Konzept für die militärische Landes- und Bündnisverteidigung auf deutschem Boden vorgelegt. Während die sicherheitspolitische Notwendigkeit unbestritten scheint, sorgt die Umsetzung auf kommunaler und regionaler Ebene für Unsicherheit.

Feuerwehren, Hilfsorganisationen, Katastrophenschützer und kommunale Verwaltungen sind nicht nur potenzielle Unterstützer der Streitkräfte, sondern auch die ersten Ansprechpartner, wenn es um Bevölkerungsschutz geht. Doch wie genau ihre Rolle im OPLAN aussieht, bleibt für viele Verantwortliche bislang im Dunkeln.

Host Nation Support – eine Aufgabe, die auch die Zivilen betrifft

Deutschland ist Drehscheibe für die NATO. Militärische Verlegebewegungen quer durchs Land, Versorgungstransporte, medizinische Betreuung und Sicherungsmaßnahmen – all das fällt unter den Begriff Host Nation Support (HNS).

Für die zivile Seite bedeutet das:

  • Feuerwehren könnten bei Transportsicherung, Brandschutz oder technischer Hilfe gefordert sein.
  • Das THW könnte logistische Unterstützung leisten – etwa beim Aufbau von Infrastruktur oder bei Energie- und Wasserfragen.
  • Rettungsdienste müssen sich auf zusätzliche Belastungen einstellen, etwa bei MANV-Lagen (Massenanfall von Verletzten, Versorgung von verwundeten Soldaten).
  • Kommunen stehen vor der Herausforderung, Unterkünfte, Flächen und kritische Infrastruktur bereitzustellen.

Die Grundsatzfrage lautet: Wie lassen sich diese Aufgaben mit den originären Kernaufträgen – Katastrophenschutz, Daseinsvorsorge, Rettung – vereinbaren?

Geheimhaltung als Hürde

Ein Großteil des OPLAN DEU ist als geheim eingestuft. Das ist aus militärischer Sicht nachvollziehbar – aus Sicht der zivilen Gefahrenabwehr aber ein Problem. Denn Einsatzkräfte können nur dann effektiv unterstützen, wenn sie ihre konkrete Rolle kennen.

Viele Feuerwehren und Hilfsorganisationen berichten daher von einem Gefühl, nicht ausreichend eingebunden zu sein. Informationsveranstaltungen gibt es – aber sie sind punktuell und meist auf Leitungsebene. Für die breite operative Basis bleibt beim Thema OPLAN DEU vieles unklar.

Das Operative Führungskommando hat Vertreter aller Bundesländer eingeladen, um über mögliche Schnittstellen zu sprechen. Auch die Landeskommandos der Bundeswehr fungieren zunehmend als Bindeglied zur zivilen Seite.

In Pilotregionen wurden erste Testläufe gestartet, um Verfahren zwischen Polizei, Bundeswehr, Feuerwehr und THW abzustimmen. Doch noch fehlt der flächendeckende Transfer in die Fläche – sprich: in die Landkreise, Kommunen und Feuerwachen, wo die praktische Umsetzung stattfinden muss.

Für die zivilen Akteure ergeben sich derzeit mehrere Kernfragen:

  1. Ressourcenknappheit: Schon heute sind viele Feuerwehren, Polizeien und Krankenhäuser personell und materiell am Limit. Zusätzliche Aufgaben durch Host Nation Support oder LV/BV verschärfen den Druck.
  2. Priorisierung im Einsatzfall: Was hat Vorrang – ein ziviler Großbrand oder die Unterstützung einer Truppenverlegung? Hier fehlen klare Vorgaben.
  3. Führungsorganisation: Wie laufen Meldungen und Befehlswege zwischen kommunaler Einsatzleitung, Landeskommando und Bundeswehr ab?
  4. Finanzierung: Wer trägt die Kosten für zusätzliche Einsätze, Materialabnutzung und Personalstunden im Rahmen des HNS?
  5. Rechtliche Grundlagen: Wo beginnt Amtshilfe, wo handelt es sich um militärische Unterstützung, und welche Rechtsgrundlagen greifen?

Diese Fragen sind bislang nur in Ansätzen beantwortet – und sie werden in den kommenden Jahren den Diskurs bestimmen.

OPLAN nicht nur Herausforderung

Trotz aller Unklarheiten bietet der OPLAN auch Chancen für die zivile Gefahrenabwehr:

  • Bessere Vernetzung: Gemeinsame Übungen fördern den Austausch mit Polizei, Bundeswehr und Infrastrukturbetreibern.
  • Ressourcenaufbau: Wenn Host Nation Support ernsthaft eingeplant wird, könnte das Investitionen in Material, Fahrzeuge und Schutzinfrastruktur nach sich ziehen.
  • Resilienzgewinne: Strukturen, die für den Verteidigungsfall etabliert werden, stärken auch den Katastrophenschutz im Frieden – etwa bei Blackouts, Naturkatastrophen oder Pandemien.

Damit die zivile Seite ihre Rolle im Operationsplan Deutschland verantwortungsvoll wahrnehmen kann, braucht es Transparenz auf Arbeitsebene. Einsatzkräfte müssen wissen, was von ihnen erwartet wird – ohne operative Geheimnisse zu gefährden.

Es sind klare Ansprechpartner zu benennen, d. h. Landeskommandos und Verbindungskommandos sollten für jede Kommune sichtbar und erreichbar sein. Regelmäßige Übungen sollten forciert werden. Nur durch Praxis kann die Schnittstelle zwischen militärischen und zivilen Kräften getestet werden.

Eine ausreichende finanzielle Absicherung ist erforderlich. Host Nation Support darf nicht zur verdeckten Mehrbelastung kommunaler Haushalte führen. Integration in Gefahrenabwehrpläne: OPLAN-relevante Szenarien müssen Eingang in die Katastrophenschutzplanung finden, um eine Integration in Gefahrenabwehrpläne sicherzustellen.

„Was genau machen wir im Ernstfall?“

Für die Bundeswehr ist der OPLAN DEU ein sicherheitspolitischer Meilenstein. Für die zivilen Akteure ist er zugleich eine große Herausforderung. Die Feuerwehren, das THW und die kommunalen Verwaltungen sind ein unverzichtbarer Teil der Gesamtverteidigung – aber sie müssen dafür auch mitgenommen werden. Solange operative Details geheim bleiben und nur ausgewählte Führungskräfte informiert werden, bleibt auf lokaler Ebene eine Lücke: „Was genau machen wir im Ernstfall?“ und „Welche Anforderungen und Bedarfe hat die Bundeswehr an uns?“

Die kommenden Jahre werden zeigen, ob es gelingt, diese Lücke zu schließen – durch offene Kommunikation, gezielte Übungen und eine faire Ausstattung der zivilen Kräfte. Nur so kann der Operationsplan Deutschland das werden, was er sein soll: ein gemeinsamer Handlungsrahmen für Militär und Gesellschaft.

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Verwendete Schlagwörter

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