Aktuell testet der Tech-Cluster des ukrainischen Verteidigungsministeriums Brave1 den Roboter Ziesel von Diehl Defence. Das Unmanned Ground Vehicle (UGV) wird im Übungszentrum der 3rd Assault Brigade der ukrainischen Streitkräfte anhand von realen Einsatzszenaren geprüft. Zudem erhalten die Mitarbeiter von Diehl Defence in diesen Testreihen das Feedback von Soldaten, die mit ihren Robotersystemen aktiv im Krieg gegen Russland wirkten.
Auch wenn der Roboter von Diehl Defence in Fachkreisen mittlerweile als Ziesel bekannt ist, bezieht sich der Name eigentlich auf die Fahrzeugplattform des österreichischen Unternehmens Mattro, die erst durch das Autonomy-Kit Platon von Diehl Defence zu einem unbemannten Bodensystem wird. Mit diesem Kit konnte das Unmanned Ground Vehicle (UGV) allerdings bereits Erfolge feiern.
Schon bei der ersten Testkampagne beim 6. Wachbataillon der Bundeswehr bewies Ziesel im Jahr 2021, dass es zur Follow-Me-Funktion selbst im Wald und schwerem Gelände in der Lage ist. Das Besondere damals: Die auf Platon realisierte Follow-Me-Funktion verzichtete komplett auf aktive Sensoren wie LiDAR (Light Detection and Ranging) und GPS, es gab an dem Roboter also nichts, das gestört oder besonders entdeckt werden konnte.
Im Juli 2024 belegte Diehl Defence mit dem Ziesel dann sogar beim European Land Robot Trial (ELROB) in Trier im Szenario „Mule“ den ersten Platz. Bei diesem Szenario müssen alle Roboter in der ersten Phase eine bestimmte Wegstrecke im Folgemodus lernen. In Phase Zwei muss das UGV dann die erlernte Strecke automatisiert abfahren. Dies geschah zudem unter komplexen Rahmenbedingungen, z.B. einer GNSS-denied Umgebung, in schwerem Gelände mit hoher Vegetation und blockierten Wegen. Der Ziesel siegte vor der teils internationalen Konkurrenz.
Mit seinen Ausmaßen von nur 148 x 123 cm (LxB), einem geringen Eigengewicht von 350 kg und einer maximalen Zuladung von über 500 kg ist das Fahrzeug vor allem für die Unterstützung der Infanterie ausgelegt, um beispielsweise schwere Ausrüstung im Gelände zu transportieren. Aufgrund seiner hohen Wendigkeit kann der Roboter den Soldaten dabei auch durch dicht bewaldetes Gebiet folgen, ohne ihn zu verlangsamen oder aufzuhalten. Für den Antrieb besitzt das UGV austauschbare zehn kWh Lithium-Ionen-Akkus, mit denen sich der Ziesel bis zu 20 km/h schnell voll elektrisch bewegt.
UGV Ziesel im Test der Ukraine
Mit diesen Fähigkeiten wird der Ziesel nun also auch durch die Streitkräfte der Ukraine auf seine Kriegstauglichkeit geprüft. Brave1 ist dabei die koordinierende Instanz der Regierung der Ukraine, um eine Zusammenarbeit zwischen allen Stakeholdern im Bereich der Verteidigungsindustrie zu fördern, von dem Herstellen von Verbindungen bis zu den Tests und Erprobungen vorhandener Systeme sowie deren Weiterentwicklung bzw. Bewertung für die ukrainischen Streitkräfte. Für Start-ups bietet Brave1 auch Finanzierungshilfe, für etablierte Rüstungsunternehmen Unterstützung beim Aufbau von Kapazitäten in der Ukraine.
Brave1 ist also eine Art Cyber Innovation Hub der Ukraine, allerdings mit erweiterten Finanzen und Zugriffen auf militärische Einrichtungen und Fähigkeiten.
„Unser Ziel ist die Schaffung einer starken Gemeinschaft von Stakeholdern im Bereich der Verteidigungsindustrie, die von dem Austausch der Erfahrungen und Möglichkeiten profitieren“, beschreibt Brave1 seine Ausrichtung. „Wir bieten den internationalen Partnern: Zugang zu ukrainischen Verteidigungsinnovationen mit einem Soft-Landing-Verfahren für ausländische Partner. Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen Akteuren aus dem öffentlichen und privaten Sektor. Organisatorische Unterstützung, Zugang zu Pitches, Hackathons, Meetups, Fördermitteln und Investitionen. Teilnahme an Networking-Veranstaltungen, Pitches, Demo-Tagen usw. Entwicklung und Erprobung ukrainischer und internationaler Spitzentechnologien. Investitionsmöglichkeiten in ukrainische Entwicklungen im Bereich modernster Verteidigungstechnologie.“
Brave1 unterstützt Diehl Defence
„Das deutsche Verteidigungsunternehmen Diehl, bekannt für die Herstellung der IRIS-T Systeme, hat sein Unmanned Ground Vehicle in der Ukraine getestet“, so die gestrige Meldung von Brave1. „Reale Kampfszenarien und Feedback von Soldaten, die mit Bodenrobotersystemen arbeiten“, beschreibt der Technologie-Cluster die Bedingungen für den Ziesel von Diehl Defence und führt als Vorteile weiter aus: „Klare Schritte, um das Produkt an die Anforderungen des Gefechtsfelds anzupassen. Testet in der Ukraine – Bringt weltweite Technologien dorthin, wo man sie am meisten braucht!“
Wie der Ziesel abgeschnitten hat und wo noch Anpassungen zu machen sind, das erfährt Diehl Defence direkt und kann es auch dementsprechend schnell umsetzen. Denn Evaluierungen dauern in der Ukraine keine Monate, Teststrecken keine Jahre, sondern alles ist innerhalb von Tagen zu leisten, so die eigenen Ansprüche der ukrainischen Streitkräfte. Ein militärischer Innovations- und Einführungszyklus, der weltweit weiterhin einmalig ist.
Ein Scheitern bei Tests ist in dieser Innovationsumgebung dann auch kein Nachteil, sondern wird zur Weiterentwicklung der Systeme genutzt. Da in diesen schnellen Zyklen niemand ein perfektes Produkt zu Beginn der Präsentation erwartet. Dank der Erfahrungen der ukrainischen Soldaten konnten bereits viele deutsche Systeme weiterentwickelt werden. Nun unterzieht sich also auch der Ziesel von Diehl Defence diesem Prozess. Auf die Ergebnisse – und wann die ersten Ziesel dann für die ukrainischen Streitkräfte in den Einsatz gehen – darf man gespannt sein.
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