Nach dem Angriff eines russischen Drohnenschwarmes auf polnisches Staatsgebiet beantragt Polen Konsultationen nach Artikel 4 der NATO. „Wir sind bereit, solche Provokationen und Angriffe abzuwehren“, betont der polnische Premierminister Donald Tusk. „Wir sind gut vorbereitet. Die Lage ist ernst und heute kann niemand mehr daran zweifeln, dass wir uns auf verschiedene Szenarien vorbereiten müssen.” Polen stehe in ständigem Kontakt mit seinen Verbündeten, darunter dem NATO-Generalsekretär. Die polnischen Flughäfen hätten aber ihren normalen Betrieb wieder aufgenommen.
Am Mittwochmorgen wurde der polnische Luftraum von russischen Drohnen verletzt (wir berichteten). „Dies ist eine beispiellose Situation. Die Radarsysteme verfolgten insgesamt mehrere Objekte“, berichtet die polnische Regierung und führt weiter aus: „Das polnische Militär hat sofort Verteidigungsmaßnahmen eingeleitet – die Drohnen, die eine direkte Gefahr darstellten, wurden abgeschossen.“
Russischer Angriff auf Polen
„Ich bitte Herrn General Kukuła, den Chef des Generalstabs, den Piloten, die an dieser Aktion beteiligt waren, meine Anerkennung auszusprechen“, fasst Tusk die Ereignisse der vergangenen Nacht zusammen. „Die Verfahren haben funktioniert, der Entscheidungsprozess war einwandfrei, die Gefahr wurde dank der entschlossenen Haltung der Kommandeure, unserer Soldaten, Piloten und auch Verbündeten beseitigt.“
Deutsche Eurofighter waren wohl nicht beteiligt, da das deutsche Engagement in der vergangenen Woche endete. Vom 5. August bis zum 3. September 2025 hatten allerdings fünf Eurofighter und rund 150 Soldaten des Taktischen Luftwaffengeschwaders 31 „Boelcke“ den Luftraum über Polen gesichert und wäre der russische Angriff in dieser Zeit erfolgt, dann wäre auch die Bundeswehr direkt beteiligt gewesen. So hat es nun die Nachfolger getroffen.
„Bei der Neutralisierung der Drohnen im polnischen Luftraum waren die polnische Luftwaffe und verbündete Luftstreitkräfte, darunter niederländische F-35, im Einsatz,“ berichtet die polnische Regierung. „An der Verfolgung der Positionen der feindlichen Drohnen waren (neben polnischen) auch verbündete Radarsysteme beteiligt.“
Polen beantragt Artikel 4 des NATO-Vertrags
Polen hat jetzt Konsultationen nach dem Artikel 4 des NATO-Vertrags beantragt. Das BMVg beschreibt zu den Auswirkungen dieses Schrittes. „Das wichtigste Beratungsgremium der Allianz ist der Nordatlantikrat mit dem NATO-Generalsekretär als Vorsitzenden. Bei seinen Treffen erörtert der Nordatlantikrat zum Beispiel die sicherheitspolitische Lage. In formellen Sitzungen werden bindende Beschlüsse gefasst. Diese finden auf Ebene der Botschafterinnen und Botschafter, der Verteidigungs- und Außenministerinnen und -minister sowie Staats- und Regierungschefs statt. In der NATO gilt das Konsensprinzip – die Entscheidungen werden einstimmig getroffen. Jeder der 30 Mitgliedstaaten ist in dem Gremium vertreten. Eine spezielle Form der Konsultation ist eine Zusammenkunft des Nordatlantikrates nach Artikel 4 des Washingtoner Vertrages, auch NATO -Vertrag, Nordatlantikvertrag oder NATO-Pakt genannt. Sieht ein Mitgliedsland seine Sicherheit bedroht, kann es eine gemeinsame Beratung des Themas einfordern. Die Diskussion kann zu gemeinsamen Entscheidungen oder Aktionen führen“, so das BMVg.
Nordatlantikvertrag, Artikel 4: „Die Parteien werden einander konsultieren, wenn nach Auffassung einer von ihnen die Unversehrtheit des Gebietes, die politische Unabhängigkeit oder die Sicherheit einer der Parteien bedroht sind.“
Genau dies hat Polen also jetzt beantragt. Die Auswirkungen erläutert das BMVg wie folgt: „Artikel-4-Beratungen finden in der Regel nach schwerwiegenden militärischen Vorfällen oder mit Blick auf besondere sicherheitspolitische Ereignisse statt. In der Geschichte des Bündnisses ist der NATO -Rat bislang siebenmal auf der Grundlage dieses Artikels zusammengekommen. Zuletzt haben Bulgarien, Tschechien, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien und die Slowakei eine Artikel 4-Konsultation am 24. Februar 2022 nach der völkerrechtswidrigen russischen Invasion der Ukraine beantragt.“
Polen ist also nicht das erste Land, das eine Artikel 4-Konsultation beantragt. Es ist allerdings die schwerwiegendste russische Aktion gegen ein NATO-Mitglied seit dem russischen Angriff auf die Ukraine.
Ob der Artikel 4-Konsultation ein Ausrufen des Artikel 5 – dem tatsächlichen Bündnisfall – folgt, wird sich zeigen. Bisher wurde Artikel 5 des NATO-Vertrags nur einmal ausgerufen, durch die USA nach den Angriffen am 11. September 2001.
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