Die Türken hätten die 3 russischen Jets abgeschossen

Erneut testet Russland die Belastbarkeit der NATO-Grenzen; erneut gibt das Bündnis keine gute Figur ab. Drei russische MiG-31-Kampfjets drangen gestern Morgen für zwölf Minuten unerlaubt in den Luftraum Estlands ein. Die NATO reagierte durch aufsteigende Jets, mehr aber auch nicht. Das Beispiel Türkei 2015 zeigt: Eine andere Reaktion wäre möglich gewesen.

Die Türken hätten die 3 russischen Jets abgeschossen – Russische MiG 31 im russischen Luftraum.
Russische MiG 31 im russischen Luftraum.
Foto: Wikimedia / Dmitriy Pichugin

Die Übergriffe Russlands auf den westlichen Luftraum häufen sich. Vorfälle wie vergangene Woche, als mindestens 19 russischen Drohnen teilweise weit nach Polen hineinflogen, werden häufiger und umfangreicher. Beobachter stellen sich die Frage: Wie weit ist man bereit zu gehen, wenn Provokationen zum Alltag an der östlichen Flanke der NATO werden?

Estland: drei russische Jets, zwölf Minuten

Der jüngste Vorfall: Am gestrigen Morgen verletzten drei russische MiG-31-Kampfjets den estnischen Luftraum. Sie flogen ohne Transponder, ohne Flugpläne und ohne Kontakt zur Flugsicherung über die Region rund um die Insel Vaindloo im Finnischen Meerbusen.

„Russland hat in diesem Jahr schon viermal den estnischen Luftraum verletzt“, teilte der estnische Außenminister Margus Tsahkna gestern mit, „was an sich schon inakzeptabel ist. Doch die heutige Verletzung, bei der drei Kampfjets in unseren Luftraum eingedrungen sind, ist beispiellos dreist.“

Alarmierte italienische F-35-Kampfflugzeuge, die als Teil der „Baltic Air Policing Mission“ in der Region stationiert sind, stiegen auf, eskortierten die MiG-31 aus dem Luftraum und kehrten ohne weitere Eskalation zurück. Der Vorfall dauerte ganze zwölf Minuten. Estlands Regierung sprach von einem „ungeniert provokanten“ Akt und forderte – wie zuvor Polen – NATO-Konsultationen nach Artikel 4 an.

Der Vergleich – Abschuss durch die Türkei 2015

Die Situation weckt nicht nur Erinnerungen an vergangene Woche, sondern auch an den 24. November 2015. Damals schoss eine türkische F-16 einen von zwei russischen Bombern des Typs Su-24 ab, nachdem diese trotz mehrfacher Warnungen den türkischen Luftraum verletzt haben sollen – für 20 bis 40 Sekunden, wie ein US-Militärangehöriger damals angab.

Eine Su-24, wie sie 2015 von der Türkei mutmaßlich im eigenen Luftraum abgeschossen wurde.
Eine Su-24, wie sie 2015 von der Türkei mutmaßlich im eigenen Luftraum abgeschossen wurde.
Foto: Wikimedia / Alexander Mishin

Der Vorfall führte zu einer schweren diplomatischen Krise zwischen Ankara und Moskau. Die Türkei argumentierte damals, sie habe den die beiden russischen Flugzeuge mehrfach gewarnt, diese hätten jedoch nicht reagiert. Russland stritt sowohl ab, überhaupt in den türkischen Luftraum eingedrungen, als auch von den Türken gewarnt worden zu sein. Die Krise legte sich erst, als Präsident Recep Tayyip Erdogan in Moskau um Verzeihung bat.

Der Vorfall 2025 zeigt aber auch, dass NATO-Mitglieder im Ernstfall bereit und fähig sein können, ihre Grenzen mit Waffengewalt gegenüber Russland zu verteidigen.

Dieser Zwischenfall zeigt, dass man auch gegenüber Russland konsequent handeln kann, wenn der eigene Luftraum geschützt werden soll – ein Recht, welches die Türkei zweifelsfrei hatte. Internationale Stimmen riefen damals dennoch zur Deeskalation auf. Israel versicherte beispielsweise, es würde keine russischen Flugzeuge abschießen, die unabsichtlich in seinen Luftraum eindringen würden.

Nicht das erste Mal – Polen, Rumänien und das Muster der Eskalation

Estland ist nicht der einzige NATO-Staat, der in den vergangenen Tagen provoziert wurde. Die bereits erwähnten Drohnen in Polen wurden ebenfalls abgeschossen – allerdings nur vier von ihnen. Flughäfen mussten zeitweise schließen, während Warschau den Vorfall als Akt der Aggression wertete.

Auch Rumänien meldete in dieser Woche eine russische Drohne, die etwa zehn Kilometer in seinen Luftraum eingedrungen war und fast eine Stunde lang verfolgt wurde. Rumänien verzichtete bewusst auf einen Abschuss, um eine Eskalation zu vermeiden, stellte aber klar, dass seine Luftraumüberwachung verstärkt wird.

Diese Vorfälle zeigen ein klares Muster: Russland testet systematisch die Wachsamkeit der NATO-Mitglieder. Russland wird dabei auch auf die Reaktionsfreudigkeit der NATO-Mitglieder achten – sind sie so entschlossen und konsequent wie damals die Türkei? Bisher muss diese Frage mit Nein beantwortet werden – auch, weil mindestens 15 der russischen Drohnen im polnischen Nachthimmel so lange fliegen durften, bis ihnen der Treibstoff ausging.

Zwischen Abschreckung und Eskalationsgefahr

Die erneute Verletzung des NATO-Luftraums gestern zeigt die fragile Balance zwischen Abschreckung und Deeskalation. Der Vergleich mit der Türkei 2015 verdeutlicht, dass ein hartes Vorgehen möglich ist, aber politisch und militärisch wohlüberlegt sein muss.

Ob die Türken auch in der heutigen Situation russische Jets abgeschossen hätten, könnte angesichts der deutlich angespannteren Lage auch mit Nein beantwortet werden. Ein Abschuss russischer Kampfjets durch NATO-Staaten würde nicht nur einen militärischen Konflikt riskieren, sondern auch eine Kettenreaktion auslösen, die die gesamte Allianz betreffen könnte.

Dennoch wächst in den baltischen Staaten und Polen der Druck, klarere Signale zu senden. Die Botschaft: Der Luftraum der NATO ist keine Zone für die riskanten Spiele Wladimir Putins.

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AngriffEstlandMiG-31Nato-OstflankeRusslandTürkei
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